Achtsamkeit,  Selbstfürsorge

Meine Kraftquelle: Schwimmen

Es ist noch früh am Morgen, als ich am Beckenrand des Schwimmbades sitze und vorsichtig meine Füße in das Wasser strecke. Kalt fühlt es sich an. Sehr kalt, aber ich weiß, dass sich dieses Gefühl nur kurz anhalten wird. Kurz, aber äußerst intensiv. Ich seufze. Vielleicht sollte ich mich das nächste Mal kälter abduschen, damit sich das Wasser im Becken wärmer anfühlt.

Ganz langsam lasse ich mich ins Wasser gleiten. Ich halte die Luft an, denn was sich an den Beinen noch kalt anfühlte, ist am Bauch eisig. Es raubt mir regelrecht den Atem. Das Wasser umschlingt meinen Körper. Ich atme tief ein, stoße mich mit den Füßen vom Beckenrand ab und beginne zu schwimmen.

Meine Arme und Beine kennen die Bewegungen. Ich muss mich nicht konzentrieren. Nur meinen Atmen, den muss ich kontrollieren.


Finde den Rhythmus

Mein Körper ist noch nicht warm. Nach den ersten beiden Bahnen bin ich aus der Puste. Aus Erfahrung weiß ich aber, dass sich das legen wird, sobald mein Kreislauf richtig in Schwung gekommen ist. Dann, wenn mein Körper sich an die Bewegung gewöhnt hat und ich meinen Rhythmus gefunden habe.

Als ich merke, dass mein Atem unregelmäßiger wird, weil ich zu schnell bin, passe ich meine Bewegungen an. Ich bin noch zu sehr darauf konzentriert, die anderen Schwimmer zu beobachten. Wer ist mit mir im Wasser und kreuzt meine Bahn? Wer schwimmt in welchem Tempo?

Nach zwei Bahnen weiß ich Bescheid. Heute ist es ruhig im Becken. Einige älteren Damen drehen entlang des Beckenrandes ihre Runden, ein junger Mann schwimmt in rasendem Tempo auf einer anderen Bahn. Ein weiterer Herr schwimmt in etwa so schnell wie ich. Doch wir kommen uns nicht in die Quere. Heute kann ich mich entspannen, zumindest bis ein neuer Schwimmer dazu kommt. Dann ist das Gleichgewicht für kurze Zeit gestört und das System wird sich wieder neu finden müssen.


Gedankenkarussell statt Kraftquelle

Meine Arme und Beine haben mittlerweile ihr Tempo gefunden. Meine Gedanken schweifen ab. Welcher Bademeister ist heute hier? Ah, der junge Bursche. Der nimmt es immer ganz genau. Letzte Woche hat er doch tatsächlich zwei Kinder ermahnt, weil sie einmal vom Beckenrand ins Wasser gesprungen sind. Einmal! Dabei war weit und breit kein anderer Schwimmer, den das hätte stören können.

Wie lange dauert es noch, bis die Mamas mit ihren Babys kommen? Startet nicht um 9 Uhr das Babyschwimmen? Hoffentlich ist heute das eine Baby nicht dabei. Es schreit fast die ganze Stunde. Vielleicht sollte jemand der Mutter sagen, dass das Babyschwimmen momentan nichts für ihr Kleines ist? Soll ich das tun? Oder geht das zu weit?

Und was koche ich eigentlich heute zum Mittagessen? Nudeln oder Kartoffeln? Nein, Kartoffeln hatten wir gestern erst. Aber Reis, ja, Reis könnte ich heute machen. Den hatten wir schon eine Weile nicht mehr.

So ist es immer. In den ersten Runden schweifen meine Gedanken ab. Ich denke nach, plane, organisiere, doch irgendwann kommt der Punkt, an dem ich in der Gegenwart ankomme. Es ist der Punkt, an dem ich alle Gedanken loslasse und nur noch im Hier und Jetzt bin.


Kraftquelle schwimmen
Meine Kraftquelle: schwimmen


Meine Arme verdrängen kraftvoll das Wasser. Ich bin glücklich über das Sonnenlicht, das ins Becken fällt und das Wasser so schön zum Glitzern bringt. 

Ich bin froh, dass ich ruhiger werde und ich rein instinktiv die Bewegungen ausführen. Nach einigen Runden drehe ich mich und schwimme in Rückenlage weiter. Genau 51 Holzbalken sind an der Decke, dann habe ich eine Beckenlänge geschafft und muss wenden. 

Mit den Ohren unter Wasser hört sich alles sehr dumpf an. Die Stimmen klingen wie in Watte gepackt sind. Dafür höre ich nun das Brummen der Wasserpumpe. Geräusche, die ich kenne. Die ich wahrnehme, ihnen aber keine Bedeutung mehr gebe. Sie sind einfach da. So wie ich.


Meine Kraftquelle ist das Schwimmen

Ich habe meinen Rhythmus gefunden. Bin im Flow. Keine Gedanken mehr, keine Sorgen mehr. Nur schwimmen. Die Bewegungen genießen. Spüren, wie mein Körper durch das Wasser gleitet.

Das sind Momente, in denen ich glücklich bin. In denen ich mit mir eins bin. Zufrieden mit mir und der Welt. Glücksmomente beim Schwimmen, an die ich im Alltag gerne zurückdenke und die mir Kraft geben.

Das Schwimmen ist für mich eine Kraftquelle und ich bin froh sie gefunden zu haben.

Was ist deine Kraftquelle und geht es dir beim Schwimmen ähnlich?


  Herzliche Grüße von

Tanja


Falls du gerne schwimmst und danach großen Hunger hast, könntest du dir ja fluffige Pancakes zubereiten. Sie eignen sich nicht nur für das Sonntagsfrühstück. 😉

6 Comments

  • Jeanne

    Liebe Tanja,

    ommmm kann ich da nur sagen!!! Den Text hast du so herrlich entspannt geschrieben, ich bin geradezu weggedriftet!!! Ein bisschen mehr und mein Kopf wäre auf die Tastatur gekippt. *lach*
    Aber ich konnte mich so gut reinversetzen: erst denkt frau an allerlei unnötiges Zeug, wie die Wäsche, das Essen, etc. aber schon bald ist der Zustand des „Flow“ erreicht und man könnte ewig so weiterschwimmen und man muss nur einatmen-ausatmen…herrlich!!
    Beim Laufen kann ich ähnlich abschalten, aber niemals so wie beim Schwimmen, vielleicht weil beim Laufen mehr auch die äußeren Eindrücke hinzukommen!? Und seit neuestem probiere ich mich im Zeichnen aus, da komme ich auch ganz oft in einen flow! :))
    Und wie es der Zufall will, ist mein Pfannkuchenteig sogar schon angerührt, und muss nur noch quellen, hahaha, und dabei war ich noch nicht mal schwimmen! Egal, ich gönne sie mir trotzdem.
    Ganz ganz liebe Grüße

    Jeanne

    • Die Glücksfinderin

      Liebe Jeanne,

      danke für deinen lieben Kommentar.
      Pfannkuchen gehen immer, finde ich. Da ist es egal, ob man vorher schwimmen oder laufen war. 🙂
      Wie passend, dass du sie gerade anrührst, wo ich darüber schreibe..

      Ja, den Flow beim Laufen kenne ich auch. Da geht es mir ähnlich wie beim Schwimmen: erst renne ich förmlich durch den Wald und mit der Zeit wede ich ruhiger und konzentriere mich auf meinen Atem. Alle Gedanken sind verschwunden und ich kann einfach nur noch sein.
      Das die äußeren Reize da mehr ablenken, da bin ich mir sehr sicher. Eventuell trifft man unterwegs ja auch noch jemanden und grüßt zumindest. Außerdem muss man viel besser auf den Weg achten, was beim Schwimmen ja wegfällt. Da ist nur die Frage: wann kommt der Beckenrand.

      Liebe Grüße und viel Vergnügen bei deinem Mal-Flow.

      Tanja

  • Ursula

    Liebe Tanja,

    ich las und las und dachte ui das könnte ich sein, ja so geht es mir auch wenn ich schwimme – vornehmlich in der Freibadsaison bei jedem Wetter. Zwischenzeitlich geh ich dort am liebsten hin wenn es regnet. Dann sind kaum Menschen im Wasser. Und es stimmt. Hab ich erstmal den ersten Kälteschock überwunden, mir meine Bahn gesichert innerlich noch ein paar Todos abgehakt und das Umfeld wer wie wo schwimmt dann tauch ich ab tauch ich ab und es gibt nur noch das Wasser und mich.
    Ich hab jetzt vor auch einmal die Woche ins Hallenbad zu gehen. Mir fehlt das Schwimmen. Und meinem Knie wird es guttun.

    So herrlich geschrieben. Ich fühl mich als ob ich im Wasser wäre.

    LG
    Ursula

    • Die Glücksfinderin

      Liebe Ursula,

      ui, vielen lieben Dank für dein Kompliment. Ich freue mich sehr darüber, dass dir mein Beitrag gefällt und du förmlich das Wasser spüren kannst.

      Mit den Kindern bin ich im Sommer auch oft im Freibad. Schwimmen klappt da meist nicht, weil es, wie du schon schreibst, viel zu voll ist. Ich stehe nicht gerne Schulter an Schulter im Becken. Daher gehen wir am liebsten, wenn es nicht ganz so heiß ist. Die Kinder müssen nicht so lange an der Rutsche anstehen, ich kann meine Bahnen ziehen und beim Duschen müssen wir auch nicht ewig anstehen.
      Wir ticken da wohl ziemlich ähnlich. 😉

      Ich wünsche dir, dass es schaffst, wöchentlich ins Hallenbad zu gehen. Mache den inneren Schweinehund fertig und schwimme deine Bahnen!

      Ganz liebe Grüße an dich von
      Tanja

    • Heidrun Jopp

      Liebe Tanja.
      Deine Zeilen sind eine Wohltat für meinen Corona geplagten Geist. Ich bin auf Dich gestoßen als ich nach „Schwimmen trotz Corona “ gegoogelt habe. Ich konnte tief in deine Worte eintauchen und habe sie genossen…wie jeden Zug den ich beim Schwimmen mache. Es fehlt mir so sehr in diesen Tagen. Ich hatte schon mal recherchiert einen Pool zu bauen….also nochmals Danke. Ich werde Deinen Text in den kommenden Tagen wieder und wieder lesen damit ich fast wie in Meditation in eine andere Welt eintauchen kann. Liebe Grüße…Heidrun

      • Die Glücksfinderin

        Liebe Heidrun,

        herzlich willkommen! Ich freue mich sehr, dass du zu mir gefunden hast. Noch mehr freue ich mich darüber, dass dir mein Beitrag so gut gefällt und du regelrecht in ihn eintauchen kannst.
        Das ist ein schönes Kompliment und ich hoffe, dass ich dir auch mit anderen (zukünftigen) Beiträgen eine Freude machen kann.

        Jetzt husche ich einmal zu dir und schaue mir deine Seite an.

        Liebe Grüße und habe schöne Ostertage.
        Tanja