Selbstfürsorge

Warum ständige Selbstoptimierung unglücklich machen kann

Höher, schneller weiter, besser! Das sind die Schlagworte, die in der heutigen Zeit für viele Menschen wichtig sind. Wir wollen immer effektiver werden und uns immer weiter optimieren, bis wir möglichst perfekt sind. Kürzlich las ich in der Timeline einer Bekannten, dass sie genug von der ständigen Selbstoptimierung hat, da diese sie oft unglücklich macht. Da ich diesen Gedanken ebenfalls schon länger in mir trage, habe ich ihn in den letzten Tagen reifen lassen und möchte heute meine Gedanken dazu mit dir teilen.


Wie kann ich noch besser werden?


Das ist die Frage, die bei der Selbstoptimierung im Vordergrund steht. Wir wollen unser Leben immer weiter perfektionieren.

Wer träumt nicht von einem durchtrainierten Körper, einer rundum gesunden Ernährung, von dem Aufstieg auf der Karriereleiter, von Erfolg und Reichtum und einem riesigen Freundeskreis? Wer möchte nicht, dass all seine Schattenseiten und negativen Gefühle verschwinden?

Diese Wünsche treiben uns an und sorgen dafür, dass wir uns ständig weiterentwickeln und verbessern möchten. Aber ist eine ständige Selbstoptimierung überhaupt nötig? Und ab wann schadet sie uns mehr, als dass sie uns nützt?


Ständige Selbstoptimierung macht oft unglücklich

Selbstoptimierung ist erst einmal positiv zu betrachten. Die meisten Menschen haben das Ziel, ihr Leben bestmöglichst zu nutzen und den Tag möglichst glücklich und erfolgreich zu gestalten. Das ist auch gut so, denn wir Menschen sind dazu geboren worden, uns immer wieder weiterzuentwickeln und nach neuen Zielen zu streben. Wir leben zum Glück in einem freien Land und haben aufgrund unserer Lebensbedingungen in Europa, die Möglichkeit unser Leben so zu gestalten, wie wir es für richtig halten. Zum Stillstand sind wir nicht geboren.


Doch wie bei allem anderen im Leben, kann uns ein Zuviel schaden.


Das wird an folgendem Beispiel deutlich:

Viele Menschen tragen heutzutage einen Schrittzähler. Über das Handy bzw. einen Schrittzähler am Handgelenk, werden die täglichen Schritte aufgezeichnet, der Kalorienverbrauch errechnet, der Puls gemessen und wer möchte kann sogar seine Schlafzeiten und Schlaftiefe kontrollieren lassen.

Diese Schrittzähler sind eine gute Sache, denn sie zeigen uns an, ob wir uns genügend bewegen oder ob es ganz gut wäre, noch einen Spaziergang um den Block zu machen. Gefährlich wird das Ganze aber dann, wenn wir unser Leben komplett nach diesen Werten ausrichten und uns davon unter Druck setzen lassen. Das kann z.B. der Fall sein, wenn wir nach einem langen Bürotag, an dem wir wenig Bewegung hatten, abends nicht nur einen Entspannungspaziergang machen, sondern gleich noch fünf Kilometer durch den Wald hetzen und das Gefühl haben, wir MÜSSEN das jetzt machen.


Die Folgen der Selbstoptimierung

Die Folgen können Überforderung und viel zu hohe Erwartungen an sich selbst sein, die wir nicht erfüllen können. Wir verlangen von uns mehr, als wir leisten können und bekommen beim Scheitern das Gefühl: wir sind nicht gut genug. Alle anderen bekommen es hin, nur wir nicht.

Wir treten unser Selbstwertgefühl mit den Füßen. Da wir uns der Zusammenhänge nicht bewusst sind, versuchen uns fast zwanghaft weiter zu optimieren. Die Ziele werden immer größer und wir versuchen noch effektiver zu sein, indem wir z.B. die Schlafenszeit reduziert. Logisch: wer weniger schläft, hat mehr Zeit für andere Dinge, z.B. um noch Sport zu machen oder die Wohnung aufzuräumen. Das uns solche Handlungen mehr schaden als nützen, wollen wir meist nicht sehen. Das sind Fälle, in denen uns die Selbstoptimierung unglücklich macht und wir es oft nicht einmal erkennen.

Wir stecken in einem Kreislauf fest. Im schlimmsten Fall entstehen dadurch nicht nur Selbstzweifel, sondern auch psychische Probleme und Krankheiten. Der Druck ist auf Dauer so groß, dass wir ihm nicht mehr standhalten können.

Letztendlich können wir den Bezug zur Wirklichkeit verlieren. Wir leben nur noch in der Zukunft und denken: wenn ich erst 10 kg leichter bin…wenn ich erst Abteilungsleiter bin…wenn…


Die Lösung: Annehmen, was ist

Diesen Kreislauf zu durchbrechen, fällt oft nicht leicht, da wir uns innerlich angetrieben fühlen. Doch wir können einen Ausstieg finden, wenn wir wieder in das Hier und Jetzt zurückkehren. Dabei können z.B. Meditationen, Gespräche mit guten Freunden oder Spaziergänge in der Natur helfen.

Hilfreich ist es auch, sich einmal zu überlegen, ob man das angestrebte Ziel wirklich erreichen möchte.

Wird mir die angestrebte neue Position in der Firma wirklich Spaß machen? Wird das Leben soviel glücklicher sein, wenn ich erst die gewünschten 5 kg abgenommen habe?


Selbstoptimierung macht unglücklich
Ständige Selbstoptimierung kann unglücklich machen


Was ist das Bedürfnis hinter meinem Wunsch?

Wenn wir unsere Wünsche und Ziele ernsthaft hinterfragen, stellt sich oft heraus, dass es uns um etwas ganz anderes geht. Das neue Sofa wünschen wir uns nicht, weil wir es unbedingt brauchen, sondern weil wir uns nach ruhigen Abenden vor dem Fernseher sehnen. Die Chefposition in der Firma möchten wir nicht, weil uns das neue Aufgabengebiet Spaß macht, sondern weil wir uns die Anerkennung der Kollegen und Bekannten wünschen.

Wenn wir uns dessen bewusst sind, fällt es uns leichter, die ständige Selbstoptimierung zu stoppen, die uns so oft unglücklich macht.

Und eines Tages schaffen wir es, uns entspannt zurückzulehnen und uns einzugestehen: „Ja, es gibt einiges, an dem ich gerne noch arbeiten möchte. Ja, ich habe Angst vor der Zukunft. Ja, ich habe ein Problem und weiß gerade nicht, wie ich es lösen soll. Doch ich nehme mir die Zeit und akzeptiere, dass es gerade so ist.

Statt nach einem anstrengenden Arbeitstag meine unordentliche Wohnung aufzuräumen, nehme ich jetzt ein heißes Wannenbad. Statt mit meiner Erkältung noch 10 km zu joggen, mache ich heute einen Spaziergang. Statt meine Ängste zu bekämpfen, umarme ich sie und lasse sie zu.

Für heute bin ich gut genug, so wie ich bin. Morgen geht es weiter mit dem nächsten Schritt. Doch ich gehe ihn in Ruhe und ohne Druck.“

Wie gehst du mit dem Thema Selbstoptimierung um? Lässt dich davon unter Druck setzen?


Herzliche Grüße von

Tanja


Ps: Kennst du schon meinen Beitrag: „Eine Frage die alles verändert: Was macht dich wirklich glücklich?“

Dort findest du wertvolle Impulse, wie du deinem Glück auf die Spur kommen kannst.

4 Comments

  • Tina

    Liebe Tanja,

    ja das ist ein Thema welches du aufgegriffen hast. Selbstoptimierung mache ich nur für mich.
    Ich hätte sonst einen Knoten in meinem Rückgrat, wenn ich allen gerecht werden müsste.
    Denn Menschen nehmen, so wie er ist – heisst es nicht so?

    Liebe Grüsse Tina

    • Die Glücksfinderin

      Liebe Tina,

      ja, den Menschen so nehmen wie er ist! Das ist ein schöner Gedanke! Wenn wir die anderen und uns so nehmen, wie wir sind, würde unsere Welt ganz anders aussehen. Das bedeutet nicht, dass man sich alles gefallen lassen muss oder dem anderen nicht mehr sein Verhalten zuürckspiegelt, wenn man damit nicht einverstanden ist. Vielmehr ist es eine Art innere Einstellung: zu schauen, dass man sich in seinem eigenem Tempo weiterentwickelt, aber ohne Druck und Zwang.

      Ich wünsche dir einen schönen Sonntag.
      Liebe Grüße von
      Tanja

  • FrauHummel

    Um es gleich ganz klar vorneweg zu nehmen: Nein, natürlich lasse ich mich nicht unter Druck setzen. Denn ich habe nicht das geringste Bedürfnis, mich zu optimieren, nur um irgendwelchen Schematas, die erfolgreiche Menschen definieren, zu entsprechen. Ganz abgesehen davon, dass man nie allen Ansprüchen gerecht werden kann, frage ich mich zusätzlich nämlich immer, wer denn eigentlich die Attribute festlegt, die es anzustreben gilt. Nehmen wir nur das ganz einfache Beispiel einer guten Figur. DAS, was man heutzutage in den Medien als dem Zeitgeist entsprechende super Figur deklariert ist vom medizinischen Standpunkt her gesehen nichts anderes als krankhaft. Size zero ist einfach irre- aber unsere Girlies wollen alle so aussehen. Ausserdem ist es ein ewiger Kampf, eine schlanken Figur dann auch halten zu können- ganz abgesehen davon, was eine Schwangerschaft oder das Älterwerden da noch „anrichten“! Und Erfolg haben und Karrieremachen im Beruf sind ganz oft verbunden mit einem beinahe schon selbstzerstörerischen Einsatz, dem nicht selten die Gesundheit, das Familienleben und das Seelenheil geopfert werden. Lohnt sich das wirklich?
    Ich für mich kann diese Frage ohne mit der Wimper zu zucken beantworten: Nein, das lohnt sich (für mich!) niemals. Ich habe mich schon lange damit arrangiert, dass ich weder schön noch gertenschlank, auch nicht wohlhabend, erfolgreich oder mit grossartigen Begabungen gesegnet bin. Dein letzter Satz drückt es sehr genau aus, nach welchem Prinzip ich lebe:

    „Für heute bin ich gut genug, so wie ich bin. Morgen geht es weiter mit dem nächsten Schritt. Doch ich gehe ihn in Ruhe und ohne Druck.“

    Das Zauberwort ist in diesem Zusammenhang wirklich Gelassenheit. Und das Vermögen, die Dinge so oft wie möglich einfach geschehen zu lassen.

    Ach, aber da fällt mir ein: Doch, ich bin äusserst erfolgreich! Nämlich darin, mein Leben sehr glücklich und so entspannt wie möglich zu leben.
    Na, wenn DAS nicht optimal ist! 😄

    Einen schönen Abend dir, ganz herzliche Grüsse!

    • Die Glücksfinderin

      Liebe Frau Hummel,
      ich danke dir für deinen umfangreichen Kommentar und dafür, dass du deine Gedanken mit uns teilst.
      Mir kam beim Lesen sofort der Gedanke, dass wir Menschen jeder für sich schön, erfolgreich und begabt ist. Denn, wie du schon schreibst, wer hat eigentlich das Recht zu sagen, dass man nur begabt ist, wenn man dieses oder jenes kann oder mindestestens eine Summe X auf dem Konto haben muss, um reich zu sein?
      Und ist jemand, der mit Herzenswärme ein Kind aufzieht weniger erfolgreich als jemand, der Millionen auf dem Konto besitzt?

      Letztendlich kommt es darauf an, was wir als erfolgreich, als Begabung oder Schönheit ansehen. Wenn wir erkennen, dass jeder von uns auf seine besondere Art einzigartig und wertvoll ist, können wir damit uns, unser Miteinander und sicher auch die Welt verändern.

      Ganz liebe Grüße sende ich dir!
      Tanja